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Donnerstag, 28. September 2017

034 Kleine Herbstreise


Immer wieder suchen wir diese Orte auf, um festzustellen, dass etwas noch da ist von damals, als diese zu unserer Geschichte gehörten, und um ebenfalls festzustellen, dass sich die Umgebung ein wenig verändert hat. 
 

Auxerre wie auf einer alten Ansichtskarte, die nachkoloriert worden ist. Stadtwanderung mit Wolkengemälden am Himmel.


 Wenn ich weg bin, scheint die Zeit ihre Zeiger zu verlangsamen. Ich habe viel Zeit zum Streunen und Denken und Finden.


Bar in Joigny, wo Franzosen im Ausfüllen von Lottoscheinen das große Glück suchen, und ich das kleine Glück finde in einem guten Milchkaffee.
 

Café in Saint Fargeau: ein großer Kaffee mit Milchkännchen bei laufendem Fernseher und einem der vielen Regenschauer, vor dem ich hierher geflohen bin.

Freitag, 30. Juni 2017

033 Auf dem Fensterbrett

Auf der Straßenseite
gegenüber der Klinik
winken Zweige zartgrün der Sonne.
Sie zeichnen ihre Schatten
auf die gelbe Hauswand
entlang der Linie,
die die Straßenbahn-Leitung
wie einen Faden von hier nach dort
ins Bild legt.
Die kleine solarzellenbetriebene Plastik-Blume
auf dem Fensterbrett des Krankenzimmers
wirkt dagegen müde und kraftlos,
stumm fast in ihrem künstlichen Glanz.
Aber auch sie bewegt ihre Blätter,
wenn ein Licht auf sie fällt.


Donnerstag, 25. Mai 2017

032 In einem römischen Park

Weil die Rosenverkäufer in den zahlreichen Brunnen des Parks der Villa Borghese ihre durstigen Blumensträuße ab und zu ins Wasser halten, sondern sich immer wieder ein paar Blütenblätter ab und bilden mit Piniennadeln garnierte Ornamente und kleine vorbeitreibende Inseln der Schönheit.

Freitag, 14. April 2017

031 Die alten Leutchen von Paris


Manchen dieser alten Leutchen von Paris ist eine Freundlichkeit ins Gesicht geschnitten, wie wenn sie jemand auf einem Gemälde verewigt hätte, um ihnen zu schmeicheln. Dabei ist das nicht erfunden. Da erreichen sie langsamen Schritts und über den Trottoir stöckelnd das Café, haben der Wanduhr und den schnellen Getränken an der Theke, auch dem Marktgeschrei da draußen den gekrümmten Rücken zugewandt und verständigen sich mit langsamen, wenigen Sätzen kaum hörbar, wispernd und krächzend. Sie haben ihren festen Platz am Tischchen in der linken Ecke des „Reinitas“, und das tägliche Wort zu Wort mit dem Wirt ist ihnen garantiert. Nur noch aus Gewohnheit kreuzen sie hinter dicken Brillengläsern die Lottozahlen an, indem sie diese erst einmal unter die Lupe nehmen. Glaub nicht, es hätte keine Täler und Schluchten in ihrem Leben gegeben. Nur sind sie nun an diesem Ort angekommen, ohne sich vorher verloren zu haben. Und so hat sich dieses Lächeln, diese nicht mehr veränderbare Form ihrer Lippen und dieses Abendsonnenblinzeln lithographisch in ihr Antlitz eingraviert als das, was nach allem bleibt. Ich sitze am Fenster zur Rue du Poteau und suche weiterhin das Vorübergeh´n.Ich laufe all die Bewegungen auf der Straße mit meinen Augen ab auf der ruhelosen Suche nach der besonderen Schönheit. Ich irre durch vorüberflanierende Labyrinthe. Ich haste mit meinem Netz nach der Vielzahl der einstürzenden Bilder. Nichts aber bekomme ich eingefangen. Nur die eigene Erschöpfung.Erst als mein Blick zufällig nach gegenüber zu den alten Leutchen schweift, halte ich inne. Als würde mich jemand sanft an der Hand nehmen und diese nicht mehr loslassen, wo ich doch schon wieder am Fortrennen bin. Als würde mir jemand einen Stuhl zum Sitzen anbieten und mich auf einen Café creme einladen.

Sonntag, 26. März 2017

030 Schrebergärten im März

















Gartenzwerge reiben sich die Winterkruste aus den Augen.
In schmutzigen Kleidern warten sie pinkelnd hinter Gebüschen
mit einem frechen Grinsen 
auf den ersten Sonnenstrahl,
den das Kind bereits im Gesicht trägt.
Endlich erweckt es die alte Schaukel
mit ihren eingerosteten Gelenken wieder zum Leben.
Narzistische Osterglocken wollen die Ersten sein
und blühen aufgebrezelt auf graugrünem Grund.
Zwischen niedrigen Grashalmen versuchen sich
schon die Tauben zu vermehren
im Versteck eines zarten Erwachens.
Und ein zäher Qualm legt sich in den Grillstationen der Gärten
den ersten Freiluft-Bratwürsten zu Füßen.
Morsche Leitern lehnen an wiedererstandenen Bäumen.
Wir haben den Tag zurück,
sagt eine glitzernde, langsam verdunstende Pfütze,
in deren Spiegelung sich wolkenlos der Himmel
eine hellblaue Insel eingerichtet hat. 
Beim Nachhausegehen höre ich,
dass die Weiden bereits damit begonnen haben,
Haikus in die Luft zu sprechen.